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  AINA HEMOLELE      
         

 
Zu diesem Buch und seinem autor

Die Entstehung dieses Buches hat eine lange Geschichte. Vor über dreißig Jahren las ich von Wilhelm Hünermann die Biographie über den Missionar Damian de Veuster, der sein Leben für die Leprakranken in heroischer Weise eingesetzt hat. Diese Gestalt hat mich tief berührt und wurde mir zum faszinierenden Vorbild bis zum heutigen Tag.
Ich war damals fünfzehn Jahre alt, besuchte das Gymnasium und machte mir ernsthaft Gedanken über die eigene Zukunft. Wie Pater Damian hatte auch ich die Sehnsucht, Priester zu werden und den Menschen in ihren Nöten nahe zu sein. Aber ich lebte damals in der Tschechoslowakei unter kommunistischem Regime. Theologie durfte offiziell nur studieren, wer dazu eine staatliche Genehmigung erhalten hatte. Ich hatte zunächst das Glück, zu den „Auserwählten“ zu gehören. Nach zwei Jahren allerdings wurde mir mitgeteilt, dass mein Studium nicht mehr im Interesse des Staates sei. So musste ich mich nach einem zivilen Beruf umsehen und wurde radiologisch–technischer Assistent. Aber insgeheim betrieb ich mein Studium weiter. Durch einen glücklichen Zufall konnte ich nach Österreich emigrieren. Von dort ging es weiter nach Rom, wo ich meine Studien abschloss und zum Priester geweiht wurde. Nach drei Jahren seelsorglichen Einsatzes in Wien habe ich mich dann aber entschlossen, meine jetzige Frau zu heiraten. Ich kehrte zurück zum erlernten Beruf und fand Anstellung im Krankenhaus auf der Abteilung für Radioonkologie. Bald stellte ich fest, dass gerade diese Tätigkeit, die mich mit vielen Schwerkranken zusammenführte, mich auch als Seelsorger forderte. Aus diesen Begegnungen ist auch die Publikation „Gedanken während der Strahlentherapie“ hervorgegangen. Darin habe ich markante Aussagen der Patienten und ihre Fotos zusammengestellt. Heute, nach sechzehn Jahren in diesem Dienst, habe ich gelernt, meine Berufung als Seelsorger auf ganz neue Art auszuüben.
In dieser Zeit hat mich die Gestalt Pater Damians stets begleitet. So war es nur eine Frage der Zeit, wann ich die erste Reise nach Molokai, den Ort seines Wirkens, unternehmen würde. Zum ersten Besuch ist es dann im Jahre 1998 gekommen. Dieser hat meine Neugier verstärkt, noch mehr über Leben und Wirken von Pater Damian zu erfahren.
Am Anfang meiner Besuche in Molokai stand vor allem die Begegnung mit Pater Joseph Hendriks aus Belgien, einem Priester und Missionar der Kongregation der Heiligen Herzen Jesu und Mariae, der auch Pater Damian angehört hat. Er arbeitet seit 1951 auf Hawaii und ist ein hervorragender Kenner Pater Damians. Außerdem weiß er bestens Bescheid über die einheimischen Sitten und Bräuche. Die Begegnung mit ihm bezeichne ich als „Sympathie auf den ersten Blick“. Intensiver Briefwechsel, Telefongespräche und vor allem Einladungen nach Molokai waren die Folge. Ohne sein großzügiges Entgegenkommen wäre es mir unmöglich gewesen, in der Kolonie der Leprakranken am alltäglichen Leben teilzunehmen. So konnte ich bis zum Jahr 2005 acht Reisen dorthin unternehmen und mir an Ort und Stelle ein Bild machen vom Wirken Pater Damians.
Als Nächstes folgte die Bekanntschaft mit Schwester Mary Laurence Hanley (New York). Sie ist die Autorin des Buches „Pilgrimage and Exil“, welches das Leben von Mutter Marianne, einer Gefährtin Pater Damians, auf Molokai schildert. Von ihr kam die Ermutigung: „Besuche die Archive der Welt, die Originalbriefe und andere historische Dokumente von Pater Damian besitzen...“ Ich nahm diesen Ratschlag dankbar an, aber trotzdem erwiderte ich kurz: „Ja, Sie haben Recht. Aber ich halte es dennoch für genauso wichtig, das Land, in dem er lebte, den Ort, an dem er wirkte, die Kultur und die Sitten, die dort herrschten, sowie die Menschen, die jetzt noch dort leben, kennenzulernen. Ich möchte auf meiner Haut die heiße hawaiianische Sonne spüren, die Früchte des Landes kosten, die Wunden der leprakranken Menschen berühren, ihnen in die Augen schauen und in Stille und Demut die Stimme ihres Herzens hören...“
Viele Türen wurden mir geöffnet – auch jene zu den Archiven der Kongregation des Paters Damian. Von besonderem Stellenwert war für mich dabei die Begegnung mit Pater Paul Macken, dem Archivar des Ordens in Leuven und einem der letzten Experten über Pater Damian. So durfte ich sogar in die Originalbriefe von Pater Damian Einsicht nehmen. Ich hatte aber auch die Ehre, Herrn Erik de Backer aus Leuven, seinem letzten lebenden Angehörigen, persönlich zu begegnen und Gast in seinem Hause zu sein.
Auf meinen Reisen nach Molokai habe ich außerdem viele Fotos gemacht und diese dann in einer Tondiaschau über Pater Damian 120 Mal in verschiedenen Ländern präsentiert. Bei diesen Vorträgen habe ich viel Freude erfahren.
Im eingangs erwähnten Buch von Wilhelm Hünermann sind nur oberflächlich einige der Personen erwähnt, die Weggefährten von Pater Damian waren: Joseph Dutton, Mutter Marianne, Pater Lambert Conrardy. Über sie habe ich viele neue Informationen gesammelt und auch über den französischen Priester Pater Peter d’Orgeval, der zwischen 1927 – 1947 in der Kolonie gelebt hat. Von ihm stammt das berührende Wort, das Zeugnis ablegt für seine große Liebe zu den Leprakranken in Kalaupapa auf Molokai: „Wenn ich sterbe und der Arzt die Obduktion meines Körpers durchführt, findet er tief in meinem Herzen eingraviert das Wort KALAUPAPA.“ Ihm ist ein ganzes Kapitel in meiner Veröffentlichung reserviert.
Dem Sammeln der Informationen widmete ich viel Zeit. Ich besuchte alle Museen und Archive der Welt, die mir die Möglichkeit boten, Originaldokumente zu studieren und zu kopieren. Ich hatte Einsicht in das Archiv der Kongregation in Leuven/Belgien, das Generalarchiv der Kongregation in Rom, das Provinzarchiv der Kongregation in Paris-Montgeron, die Archive der Kongregation in Honolulu und Kalaupapa, die Medical Library in Honolulu, die State Archives in Honolulu, die University of Hawaii in Honolulu, das Bishop Museum in Honolulu.
Von besonderem Interesse und tiefer Freude waren für mich die Begegnungen mit den Leprakranken vor Ort. Es hat drei Jahre gedauert, bis diese mich akzeptierten, aber das Vertrauen, das sie mir dann geschenkt haben, gehört ganz sicher zu den schönsten Erfahrungen meines Lebens. Sie haben gelernt, ohne Ansprüche in Einfachheit und Bescheidenheit zu leben. Der Glaube an Gott und das ewige Leben gehört für sie zur Selbstverständlichkeit, obwohl sie Mitglieder verschiedener Religionsgemeinschaften sind. Sie sind wie eine große Familie von Brüdern und Schwestern. Einigen von ihnen habe ich einen Platz in meinem Buch eingeräumt.
Das Buch besteht aus zwei großen Teilen:
Der erste Teil ist historisch. Es geht um die Lepra als solche und ihre Geschichte, um ihre Ausbreitung nach Hawaii, um die Entstehung der Aussätzigen-Kolonie und das Leben der ersten Gemeinschaft dort. Dabei wird das Augenmerk auf die ersten Missionare – vor allem auf Pater Damian - und ihre freiwilligen Helfer gerichtet, deren Opferbereitschaft und Liebe ein ruhmreiches Kapitel in der Geschichte wahrer Humanität darstellen.
Der zweite Teil enthält viele Interviews mit den Bewohnern der Kolonie und gewährt Einblick in den Alltag von heute.
Beide Teile des Buches sind verbunden durch die Gestalt Pater Damians.
AINA HEMOLELE, heiliges Land, habe ich mein Buch genannt. Dieser Titel hat sich mir förmlich aufgedrängt. Auf diesem kleinen Fleck der Erde haben einige Tausende Menschen gelebt, ausgesondert von der Zivilisation – im wahrsten Sinne des Wortes „Aussätzige“. Diese Erde ist getränkt von den Tränen ihrer Traurigkeit, ihrer Leiden und ihrer Verlassenheit. Dieses Land ist aber zugleich auch die geistige Heimat von Persönlichkeiten wie Pater Damian, Joseph Dutton, Mutter Marianne, Pater Lambert Conrardy, Pater Peter d’Orgeval und vielen anderen, die diesen Menschen Beistand geleistet und sich für sie aufgeopfert haben. Es ist wirklich ein Land, wo das Heilige konkret erfahrbar geworden ist, und damit zu Recht AINA HEMOLELE genannt werden darf.

Peter Zaloudek